
10 Feb Social Media Diät. Tag 22 von 90
Das wertvollste Gut im 21. Jahrhundert
Ich habe schon oft erwähnt, dass ich diese Blogposts nicht schreibe, weil ich glaube, dass ich so toll und perfekt bin und dass du das auch sein solltest. Ich schreibe sie, um selbst zu reflektieren, weil ich die gleichen Herausforderungen habe wie du und diese Plattform einfach nutze, um selbst Lösungen zu finden. Eine Herausforderung, die mich noch bewusster seit den Herbst beschäftigt: meine eigene Aufmerksamkeit. Fokus. Social Media.
Ich bin ehrlich gesagt froh, dass ich auch eine Zeit ohne Handys, Social Media und extremer Digitalisierung erleben durfte. Trotzdem bin ich auch dankbar für die Digitalisierung und was sie mir alles ermöglicht hat (sonst würdest du diesen Blog jetzt nicht lesen). Das wertvollste, was es im 21. Jahrhundert gibt, ist unsere Aufmerksamkeit. Wir werden bombardiert mit (zum Teil sinnlosen) Nachrichten, Klatsch & Tratsch Überschriften, Emails, Emails, Emails, Facebook Werbeanzeigen, Instagram Shops, neuen Innovationen, What‘s App Benachrichtigen, Messenger Nachrichten… und der Sinn dahinter? Jemand will deine Aufmerksamkeit. Sei es ein Kollege, der was vergessen hat. Eine Freundin, die dein Shirt borgen will. Eine Firma, die dir zum 100ersten Mal die gleiche Werbeanzeige schickt, um was zu verkaufen oder ein Magazin, was dir unbedingt mitteilen will, dass die Kardashian 5kg zugenommen hat. Mir doch Wurscht.
Süßigkeiten für‘s Gehirn
Tja, und wenn wir ehrlich sind, ist das meiste davon gar nicht so wichtig. Und wir haben jetzt alle AD(H)S und können uns auf nichts mehr konzentrieren und sind mit den Gedanken ständig wo anders. Wenn du dich heutzutage gut konzentrieren kannst, zählt das nicht mehr zur Norm, sondern wird zur Besonderheit. Konzentration führt zu Produktivität. Doch dafür braucht es Willenskraft, denn all diese Benachrichtigungen sind wie Süßigkeiten für dein Dopamin ausschüttendes Gehirn. Genauso, wie wir also bei der Ernährung darauf achten sollten, was wir zu uns nehmen, sollten wir auch darauf achten, wohin wir unsere Aufmerksamkeit lenken.
Mein großes Vorhaben
So, ich spanne euch nicht länger auf die Folter. Wie schon oft erwähnt, habe ich endlich Klarheit gefunden und weiß jetzt, wie es für mich weiter geht und was ich als nächstes vorhabe. Zunächst war es wichtig für mich das für mich zu behalten und meine Gedanken nur mit meinen engsten Freunden und Familie zu teilen, um es bewusst zu reflektieren. Ich wollte keine (fremden) Meinungen von Außen, die mich verunsichern, demotivieren oder ablenken könnten. Jetzt bin ich mir sicher, deswegen.. *trommelwirbel* – ich möchte Medizin studieren!
Puuuhhh, es ist raus! Wie ich zu dieser Entscheidung gekommen bin, ist wieder eine ganz andere Geschichte, bleiben wir zunächst beim heutigen Thema. Um ins Studium zu kommen, muss ich eine Aufnahmeprüfung machen und für andere Unis braucht es ein komplettes Bewerbungsverfahren. Nebenbei schließe ich noch im nächsten Semester mein derzeitiges Studium ab, arbeite und trainiere. Puuuhhh… Nein, keine Sorge, überanstrengen werde ich mich nicht, denn es ist erst Mitte Februar und ich bin früh genug dran, so dass das alles realistisch ist. Doch logischerweise erfordert es trotzdem viel und deshalb möchte ich auch meinen Fokus voll und ganz auf meine Zukunft richten.
Was bedeutet „fokussiert sein“?
Heutzutage muss man sagen, bedeutet „fokussiert sein“ nicht, dass man nur eine Sache zu tun hat, sondern: So viel Ablenkung wie möglich zu reduzieren! Wir sind nämlich ständig abgelenkt und müssen uns wieder disziplinieren, um Fokus zu bekommen.
Hier kann ich dir folgendes Buch empfehlen: Digital Minimalism von Cal Newport. Ich habe auch Skärmhjärnan (= „Bildschirmhirn“) vom Hirnforscher Anders Hansen gelesen. Ob es davon schon eine deutsche Version gibt, weiß ich leider nicht.
Cal Newport beschreibt super, wie wir in diese Digitale Welt hinein gesaugt werden. Tabak-Konzerne geben Stoffe in die Zigaretten, damit Menschen danach süchtig werden. „Philip Morris will nur deine Lunge“, schreibt Cal. „Der App Store will deine Seele.“ – denn App-Hersteller wie Facebook, Spiele Apps und Instagram machen genau das: Sie konstruieren die Apps so, dass sie uns süchtig machen. Das müssen wir uns bewusst machen. Lech Pearlman, die Erfinderin des Facebook „Gefällt mir“-Buttons hat jetzt selbst einen eigenen Social Media Manager, weil sie weiß, wie manipulativ das Netzwerk sein kann. Bill Gates erlaubte seinen Kindern kein Handy bis sie 14 Jahre alt wurden – und das kann wohl nicht daran liegen, dass er sich das nicht leisten könnte.
Anerkennung und die Angst, etwas zu verpassen
Warum sind wir denn so süchtig? Es ist ein Kick. Jedesmal, wenn dieser rote Benachrichtigungsknopf aufleuchtet, freut sich unser primitiver Teil im Hirn: „Jemand denkt an mich.“ oder „Jemand liked mein Bild, juhu!“ – Und dahinter steckt einfach nur unser stinknormales Bedürfnis nach Anerkennung. Das ist okay. Ich habe das. Du hast das. Wir alle wollen zugehörig sein und ein wenig Anerkennung. Doch mit der Zeit erkennt man, dass man schon wieder ein unnötiges Werbeemail erhalten hat, irgendjemand schickt dir schon wieder ein Schaf bei Farmville (kennt das noch wer?) oder der Gruppenchat diskutiert bei What‘s App schon wieder über etwas, was dich nicht interessiert. Da kickt die Angst etwas zu verpassen ein, denn schließlich sind Instagramstories auch nur 24 Stunden online. Schlau gemacht, Instagram.
Der erste Schritt ist zu erkennen, dass wir immer etwas verpassen werden. Doch früher hast du auch nicht gewusst, welcher Influencer schon wieder auf den Bahamas ist, wie viele deiner alten Schulkollegen, zu denen du seit Jahren keinen Kontakt mehr hast, geheiratet haben und wir haben auch gut überlebt, indem wir richtige Gespräche, statt What‘s App Gruppenchats, geführt haben. Ja, ich übertreibe ein wenig, das stimmt. Ich möchte nur den Punkt verdeutlichen, denn gleichzeitig steigen auch die Depressionsraten. Ob das an der digitalen Welt liegt oder ob einfach das Stigma kleiner wird und sich nun mehr trauen darüber zu reden und Hilfe zu suchen (was super ist), weiß die Forschung leider nicht.

Ok, was tun?
So, ich wäre ja nicht dieser Nerd, der ich bin, wenn ich nicht einen (ungefähren) Plan und Tipps parat habe. Starten wir mit dem ersten, was ich als Mentaltrainerin immer sagen werde, ganz egal, welchen Lebensbereich es betrifft:
Die eigene Einstellung. In Amerika nennt man es FOMO – the fear of missing out. Die Angst, etwas zu verpassen. In einem Podcast habe ich mal erwähnt, was mir besser gefällt: JOMO – the joy of missing out. Die Freude etwas zu verpassen.

Social Media Diät
Hier kommen meine Tipps, um weniger Zeit auf Social Media, speziell Instagram & Facebook, zu verbringen. Als ich von München nach Graz reiste, hatte ich viel Zeit, um diese Tipps zu befolgen und glaub mir, dieser Prozess kann wirklich ein paar Stunden dauern.
- Entfolge fast allen Accounts oder schalte die Stories / Beiträge stumm. Diese „Stumm schalten“ – Funktion ist grandios! Denn manche Personen will man nicht entfolgen, da man weiß, dass sie dadurch beleidigt werden. Nervig, ich weiß, aber Instagram rettet uns hier das Leben. „Stumm schalten“ bedeutet nämlich, dass du der Person noch folgst, aber dir werden die Stories/Beiträge nicht mehr angezeigt. Genial, oder?
Ich habe mir selbst ein Limit gesetzt: Ich darf nur noch von 10 Personen die Stories auf „ein“ haben. Alle anderen sind stummgeschaltet. Wenn mir die Person nicht Mehrwert liefert oder mich konkret ihr Leben interessiert (Freunde), dann: weg damit!

2. Zeitlimit aktivieren. 35 Minuten pro Tag.
Auch diese Funktion ist ganz cool. Bei Instagram kann man unter Einstellungen sich selbst ein Limit setzen, wann die Benachrichtigung kommen soll. Die App wird dadurch nicht gesperrt, aber zumindest macht man sich dadurch selbst bewusst, dass man schon recht lange in dieser App drinnen ist.

3. Facebook: Trete aus allen Gruppen aus, die nicht absolut notwendig sind. Ich bekam ständig Benachrichtigungen von Gruppen wie „Möbelverkauf Graz“ oder irgendwelchen Fahrgemeinschaften, denen ich vor Jahren mal beigetreten bin. Es hat ein paar Stunden gedauert, aber ich bin allen, außer der Uni Gruppe, die aktuell noch wichtig ist, ausgetreten. Sollte ich irgendwann meine Möbel verkaufen wollen, kann ich der Gruppe mit einem Klick wieder beitreten, aber für jetzt: Weg damit!
4. Auch hier gilt wieder: Entfolgen und nicht mehr abonnieren. Oft sehen wir irgendwelche sinnlosen Postings von bestimmten Personen. Der Feed ist voll von Personen, die wieder ihren tollen Urlaub, ihre süßen Kinder oder Katzen posten. Ja, toll, aber ich will nicht schon wieder deine Katze sehen. Hier müssen wir nicht die Freundschaft beenden (nicht, dass sie noch beleidigt werden), aber du kannst auf „deabonnieren“ klicken. Whup, Whup!
5. Nachrichtenseiten entfolgen. Ob man ständig alle Nachrichten lesen muss, darüber kann man diskutieren, aber oft geht das Wesentliche verloren, weil es auch viele sinnlose Artikel, die für Klicks sorgen sollen, gibt. Die Hardcore Version ist, nur noch auf der Wikipedia „Nachrichtenseite“ die Weltnews zu lesen. Die Seite ist so langweilig gestaltetet, dass man wirklich nur das Wesentliche liest, dafür ohne Werbeanzeigen.
Grundsätzlich gilt: Es soll einfach langweilig werden. Je weniger zu sehen ist (weil alle Beiträge stumm geschaltet sind), desto langweiliger wird‘s und desto leichter wird es, dass Handy mal wegzulegen.
Weniger Versuchung, mehr Fokus
Es folgen ein paar Gedanken zum Thema Konzentration.
6. Benachrichtigungen deaktivieren & Apps löschen. So sehen meine Bildschirme aus. Die „Startseite“ ist fast leer, da findet man nur What‘s App, die Notiz App (für spontane Ideen), mein Kalender, Internet & Musik. Für den Rest muss ich erstmal swipen. Hier habe ich Ordner erstellt und jeder Ordner hat höchstens 6 Apps, damit ich direkt sehe, was sich darin befindet. Ich habe keine einzigen Benachrichtigungen deaktiviert, nicht mal Instagram, obwohl es ein wichtiger Teil von meinem Job ist. Die einzigen Benachrichtigungen, die ich eingestellt habe, sind die bei What‘s App. Ich hatte sie mal deaktiviert, aber das war mir zu anstrengend, weil da musste ich jedesmal in die App reingehen, um zu sehen, ob wer was geschrieben hat. Da ich hier mit meinen Freunden kommuniziere, sind mir da die Benachrichtigungen wichtiger, als bei beruflichen Dingen wie Email & Social Media.
7. Websiten Blocker. Hier muss ich gestehen: In dem Bereich bin ich kompletter Anfänger und muss mich an verschiedene Apps heran tasten. Es gibt verschiedene (günstige oder kostenlose) Apps oder Programme, wo man einstellen kann, welche Seiten man für bestimmte Zeiträume blockieren möchte. Es ist mir schon oft passiert, dass ich schnell was in die Facebook Gruppe posten will und dann 30 Minuten später draufkomme, dass ich im Newsfeed verblieben bin und auf irgendwas geklickt habe, was mich abgelenkt hat.
Tools, die ich gefunden habe:
Cold Turkey (Mac/Windows). Diese werde ich als erstes testen, da es mir schon empfohlen worden ist. Hier stellst du ein, was du wann blockieren willst.
Freedom (Mac/Windows). Soll auch gut und beliebt sein, aber man kann sie anscheinend leicht austricksen. Leider muss ich da vermutlich passen, denn ich möchte meine Konzentration wieder trainieren und kann mir selbst nicht vertrauen, dass ich da möglicherweise ein wenig schummeln werde.
Selfcontrol (Mac). Die Hardcore Version. Hier kommst du nicht raus. Der Teufel.. auf eine gute Art und Weise.
8. Blocker für‘s Handy. Hier kenne ich schon lange die App „Forest“ für‘s IPhone und die ist wirklich genial! Zudem taste ich mich an die kostenlose „Bildschirmzeit“ Funktion ran, denn die wird mittlerweile oft upgedated und bringt neue Tools mit. Heute habe ich die „Auszeit“ eingestellt und bin gespannt, wie das funktionieren wird. Für Android gibt es die Digital Wellbeing App. Weitere Optionen sind: WLAN ausschalten, wenn du z.B. Lernen musst, Handy auf Flugmodus und am besten Handy in einen anderen Raum. Wenn du auf Süßigkeiten verzichten willst, legst du dir auch nicht die Schokolade daneben hin.
9. Planung. Du musst ich ständig ins Handy starren (ich auch nicht). Es reicht, wenn die Emails 1x pro Tag beantwortet werden. Es reicht, wenn man die Nachrichten 1x liest. Es reicht, wenn man sich Katzenvideos auf Facebook einmal anschaut. Wir brauchen mehr Intentionen in unserem Handeln, statt wie Zombies einfach hirnlos und unachtsam alles zu konsumieren, womit wir bombardiert werden.
Oh nein! Was, wenn mir langweilig wird?
Na hoffentlich! Der Sinn mit dem ganzen oben genannten ist schließlich Zeit zu gewinnen. Zeit für Sport, Zeit für Freunde, Zeit zum Lernen, zum Lesen, Zeit um mal wieder den alten Kasten auszumisten und zur Müllhalde zu fahren. Zeit, um endlich mal die Löcher in der Jackentasche zuzunähen.
Wir sind es so gewohnt, dass wir sofort befriedigt werden. Ein Blick in Instagram, ein paar Mal scrollen und dank dem „Infinite Scroll“, hört es nie auf. Ständig gibt es etwas Neues. Unser Gehirn liebt Neues. Der Erfinder des „unendlichen Scrolls“ bereut mittlerweile seine Erfindung – „Hätte ich gewusst, was das auslöst, hätte ich es nicht erschaffen.“
Also wird es mal wieder Zeit sich in Geduld zu üben und andere Dinge zu konsumieren. Längere Hörbücher, lesen, Projekte, die nichts mit Arbeit zu tun haben, Sport, Dokumentationen.. Dinge, die auf Dauer glücklicher machen, doch meistens am Anfang Überwindung kosten. Wenn aber die Ablenkung reduziert ist, wird die Überwindung leichter.
Wie ich das jetzt angehen werde
Wie schon oben erwähnt, recherchiere und schreibe ich, um meine eigenen Probleme zu lösen. Manchmal bin ich selbst die schlimmste Aufschieberin, dass ich während ich etwas aufgeschoben habe, einen kompletten Artikel zum Thema aufschieben, geschrieben habe.
Die oben genannten Punkte habe ich alle implementiert. Jetzt werde ich mir noch den Websiten-Blocker installieren und nach und nach im Rahmen meines Projektes (wir sind ja erst bei Tag 22) erzählen, wie es mir dabei geht. Was ich kurz noch loswerden möchte: Mit dem Artikel möchte ich nicht ausdrücken, dass Facebook und Co. so unglaublich „böse“ und schlecht sind, sondern, dass wir einfach selbst achtsamer werden sollten. Viel zu oft scrollen wir hirnlos durch und wundern uns anschließend, warum wir keine Energie haben oder wo die Zeit eigentlich hin ist. Sinn ist es, das Ganze mit mehr Intention zu nutzen.
Heute wurde es wieder ein langer Artikel, da das oben genannte funktioniert und ich Zeit und Lust drauf hatte. Die nächsten, wenn ich mit der Theorie in die Praxis gehe, werden wieder kürzer. Schön, wenn du weiterhin vorbei schaust! 🙂
PS: Kurzer Nachtrag. Ich habe jetzt knapp 2 Stunden für diesen Artikel gebraucht und bevor ich angefangen habe, habe ich die oben genannte „Auszeit“ eingestellt. So sieht das Ganze jetzt aus. Irrsinnig cool!! Man kann leider recht leicht den Knopf „Limit ignorieren“ klicken, aber es ist ähnlich wie mit der Zuckerfrei-Challenge: Man wird sich mal bewusst, wo und wann man ständig klicken möchte.