
04 Feb Psychische Stärke durch körperliches Training. Tag 16 von 90.
Tag 16 von 90. Heute war ein guter Tag. Am Vormittag arbeitete ich von Zuhause aus und da das Semester fast zu Ende ist, ist wieder mehr Zeit für berufliche Dinge. Auch das fühlte sich gut an. Später war ich beim Training und traf einen Studienkollegen zum Lernen. Am Abend war ich dann bei einem Event von Frau in der Wirtschaft Graz, wo immer wieder fleißige Unternehmerinnen zusammen kommen. 🙂
Meine heutigen Gedanken kommen vom heutigen Training. Oh Mann, es war so hart. Es gibt so Trainingseinheiten im Monat, da hat man das Gefühl, man fliegt, ist perfekt im Flow und alles geht mit Leichtigkeit von der Hand. Dann gibt es Tage, da fühlt es sich ganz ok oder „mittelmäßig“ an und dann gibt es Tage wie heute, wo du dir denkst: „Hilfe.. ich sterbe..“
Ich kann auch gar nicht genau sagen, woran das heute lag, ich war mit dem Kopf nicht ganz da, es war windig und kalt, meine Beine waren schwer und ich jeder Intervall fühlte sich heute doppelt so lange an.. Ugh..
In meiner Jugendzeit konnte ich total schlecht mit sowas umgehen. Ich ärgerte mich und wunderte mich, warum mein Körper nicht immer abliefert. Ich verstand nichts von Trainingswissenschaft oder vom menschlichen Körper. Doch unser Körper ist keine Maschine. Na gut, zum Teil schon, denn das vegetative Nervensystem arbeitet für uns und sorgt dafür, dass wir ständig und automatisch atmen, das unser Herz pumpt und unser Verdauungssystem und die Organe arbeiten. Ziemlich cool eigentlich. Zudem wäre es auch ziemlich anstrengend, wenn wir abgesehen von den ganzen To-Do‘s auch noch ans Atmen denken sollten. „So meine lieben Bronchiolen, transportiert mal brav den Sauerstoff weiter, damit ein Gasaustausch stattfinden kann.“
Mittlerweile kann ich ganz gut damit umgehen. Klar, in dem Moment, wo die Beine einfach schwach sind, wo man auch andere Dinge um die Ohren hat, die zusätzlich stressen und dann der Körper generell müde ist und nicht Vollgas laufen kann.. in dem Moment fühlt es sich sch***e an. Es ist hart. Es ist anstrengend. Man denkt ans aufgeben.
Ich lief heute 4x (1x200m + 1x400m mit kurzer Trabpause) also an sich gar nicht so schlimm. Ich dachte mir noch, „Ok, das Wetter ist im Vergleich zu gestern totaler Mist, aber das Training ist eh schnell wieder vorbei.“ HaHa. Ha. Falsch gedacht. 😀
Das Aufwärmen fühlte sich noch gut an, aber während dem ersten 400er merkte ich schon, „Oh Gott… Heute geht gaaaar nichts.“
Beim nächsten 200er war ich wirklich kurz davor zu sagen, „Oh Mann, das wird heute nichts, ich lass es bleiben.“ – aber wenn wir ehrlich sind, einen wahren Grund zum Aufgeben hatte ich nicht. Ich höre mittlerweile sehr gut auf meinem Körper. Hätte ich starke Regelschmerzen gehabt oder würde ich mich krank fühlen, dann ist es sinnvoll abzubrechen. Aber hier war der Kopf im Weg, nicht zu 100% der Körper.
Mittlerweile gebe ich auch meinem Körper mehr Vertrauen. Wenn ich eine super Tagesverfassung habe, laufe ich auch gern mal ein wenig schneller, als die vorgegebene Tempovorgabe. Wenn ich, wie heute, einfach nicht kann, dann laufe ich ein wenig langsamer, weil ich es einfach nicht schaffe. Und das ist okay.
Ich musste dabei auch an das Thema Resilienz denken und wie mich der Sport die letzten Jahre immer wieder gestärkt hat und aus Krisen rausgebracht hat. Ja, es ist nur ein 400er Intervall, was also gar nicht so lange dauert, aber wenn du da durchbeißt, obwohl Laktat in den Beinen ist, der Körper nach Sauerstoff schreit und es einfach nur anstrengend ist, dann stärkt das auch die Psyche.
Vor allem Ausdauersport hilft, um mehr Durchhaltevermögen zu bekommen, denn Ausdauer per Definition ist genau das: Die Ermüdungswiderstandfähigkeit. Auch Krafttraining hat seine Vorteile: Wenn du im Gym Gewichte stemmst und mehr schaffst, als beim letzten Mal, sagen dir deine Muskeln: „Hej cool, du bist stärker geworden!“ – was sich wiederum positiv auf die Psyche auswirkt, „Yeah, ich bin stark!“
Ich kann mich noch gut an Anfang 2016 erinnern, als ich mich einfach nur schwach fühlte. Worauf hatte ich Lust? Auf Boxen! Ich hatte ziemlich viel Wut in mir, die unbedingt raus wollte.
Aus dem Sport kann man einfach so viel für das „wahre“ Leben mitnehmen. Wie letztens schon erwähnt, geht es ja auch um die Selbstwirksamkeit. Es ist am Ende des Tages egal, ob du laufen gehst, Gewichte stemmst, kletterst oder Yoga machst – jede Tätigkeit, wo wir merken, wir werden besser und wir ziehen es konsequent durch, hilft und stärkt uns. Ich werde den Moment nie vergessen, als ich (die letzten Kilometer sehr leidend) über die Ziellinie meines ersten Halbironmans rannte, verschwitzt, ein wenig voll mit Gels und Pipi, und mir nur dachte: „Wenn du das überstanden hast, kannst du verdammt nochmal alles schaffen!“
Ja, und so sah das heute bei mir aus. Ich war nicht auf „meiner“ gewohnte Laufbahn, sondern testete mal die, die gleich bei mir Zuhause um‘s Eck ist. Es ist nur eine uralte 300er Bahn (statt den gewöhnlichen 400) und es gibt nur zwei Bahnen, süß. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob ich hier überhaupt laufen darf, also ob die offiziell öffentlich zugänglich ist, aber es hat sich zumindest niemand beschwert haha.
Das Training kann nicht immer gut laufen. 🙂
Hier gibt es noch einen Beitrag zum Thema Resilienz:
>>> Resilienz – was uns wirklich stark macht.
Und einen Beitrag zu meinem ersten Ironman 70.3:
>>> Vom Burnout zum Halbironman.