
14 Aug DESHALB SAGE ICH IMMER ÖFTER "NEIN"
„Hej Klara, kannst du..?“
„Nein.“
„Möchtest du Produkt XY testen?“
„Nein.“
„Kannst du mir zeigen, wie das geht?“
„Nein.“
„Möchtest du..?“
„Nein.“
Ohne Rechtfertigung. Ohne einem schlechtem Gewissen. Ohne Problem kann ich mittlerweile einfach „Nein“ sagen. Es tut gut, denn dies ist ein ‚Nein‚ zu Dingen, die mich nicht zu 100% glücklich machen und bedeutet somit ‚Ja‚ für andere fantastische Dinge.
„Half of the troubles can be traced to saying ‚yes‘ too quickly and not saying ’no‘ soon enough.“ – Josh Billings
Warum sagen wir so oft „ja“?
Als „Ja-Sager“ wird man schnell beliebt. Immer hilfsbereit, immer da, immer Zeit für andere.
Es liegt in unserer Natur, dass wir helfen wollen. Wir wollen Anerkennung und wir wollen geschätzt werden. Dies ist ganz normal und jeder Mensch hat in irgend einer Form dieses Bedürfnis. Wir werden höflich und nett erzogen und wollen „everybodies darling“ sein. So war ich auch.
Hier eine Anfrage, dort ein Gefallen, noch ein Gefallen, da noch eine kleine Hilfsbereitschaft, dann noch einen Anruf für jemanden tätigen, den man gar nicht gut kennt und schwupsdiwupps ist der Tag schon wieder vorbei. Man war beschäftigt, doch viel für sich selbst erledigt bekommen, hat man eigentlich nicht.
Kurzzeitig fühlen wir uns ja gut, wenn wir mal schnell einen Gefallen erledigen. Wenn man dazu noch ein sehr positiver Mensch ist, dann ist es auch noch unsere Art, dass wir negativen Menschen einen Silberstreifen am Horizont präsentieren wollen. Wieder fühlen wir uns kurzzeitig gut, doch innerlich wissen wir vermutlich, dass man die Menschen nicht ändern kann, wenn sie nicht selbst dazu bereit sind. Wir geben unsere eigene Energie her, wir bieten unsere eigene Zeit und Hilfe für andere. Doch was, wenn gar nichts zurück kommt?
DARUM SAGE ICH „NEIN“
Versteht mich nicht falsch. Ich helfe sehr gerne, doch nicht, wenn ich merke, dass die Gutmütigkeit nur ausgenützt wird. Früher ist es mir unglaublich schwer gefallen, einfach mal „Nein“ zu sagen. Ich habe oft „Ja“ gesagt, einfach, weil ich die andere Person nicht enttäuschen wollte oder nicht wusste, wie ich ablehnen konnte. Ich war total unsicher. Auch wenn mein Bauchgefühl im ersten Moment „Nein, tu das nicht, das willst du doch gar nicht“, sagte. Irgendwie habe ich es trotzdem getan.
Gefallen summieren sich auf. Es kostet Zeit und Energie. Zeit und Energie, die wir in etwas anderes investieren könnten. Mir wurde es zu viel. Zu viele Gefallen, die mich selbst davon abgehalten haben, meine eigenen Sachen gut erledigen zu können.
Selbstwertgefühl, eigenes Leben und Prioritäten
Irgendwann wurde mir dann die Bedeutung von Prioritäten bewusst. Was und wer sind mir wirklich wichtig? Von wem kommt auch etwas zurück? Wer nutzt aus und wer braucht wirklich Hilfe? Wo will ich überhaupt hin? Habe ich nicht auch eigene Träume und Ziele, die ich erreichen möchte, anstatt nur andere zu unterstützen?
Mittlerweile weiß ich es ganz genau. Wem und was schenke ich meine Zeit. Was bringt mich nach vorne und was würde mich nur nach hinten ziehen. Weil ich öfter Nein sage, habe ich weniger Stress, denn ich schenke nur noch wenigen Dingen und Menschen meine Aufmerksamkeit.
Was zählt?
An oberster Stelle stehe mittlerweile ich selbst. Wenn es mir nicht gut geht, bin ich keine tolle Freundin und nicht zu 100% ich. Das bringt dann weder meinen Freunden, meinem Job oder mir etwas. Also stelle ich mir bei Entscheidungen oft die Fragen: „Wenn ich hier ‚Ja’ sage, zu was sage ich dann ‚Nein’? Wer oder was wird dann vernachlässigt? (Gesundheit, Arbeit, Freundschaft) Was bringt mir selbst etwas?“
„You have to decide, what your highest priorities are and have the courage – pleasantly, smilingly, nonapologetically – to say ’no‘ to other things. And the way to do this, is to have bigger burning ‚yes“ inside.“ – Stephen Covey
Weil es einfach nicht ok ist – eine etwas andere Story
Ich war auf den Weg nach Hause. Es war ca. vor drei Wochen in Graz. Es war Abend, 22:00 Uhr und ich war super gelaunt, da ich gerade einen super lieben Freund getroffen hatte.
Dann fuhr dieser Typ vorbei. Er saß am Rad, warf mir einen starren Blick (keinen „hej-du-bist-mir-sympathisch-Blick, sondern eher einen ekelhaften-von-unten-nach-oben-anglotzen-Blick) zu. Dabei hörte ich noch „Hej Babe! Na, wie geht’s?“
Normalerweise ignoriere ich solche Situationen. Ich möchte dafür nicht meine Energie verschwenden und gehe einfach weiter und warte, bis es vorbei ist. Aber heute nicht. Ich war die letzten Tage innerlich schon total aufgewühlt gewesen und konnte es heute nicht auf mich sitzen lassen. Ich fand es nicht ok.
„Danke, gut. Aber bitte lassen Sie mich in Ruhe“, antwortete ich deshalb höflich, aber bestimmt.
Tatsächlich fuhr der Typ einfach weiter. „Oh, das war ja einfach.“
Bis ich ihn ca. 300m später wieder antraf. Er stand dort und wartete auf mich. Er kam auf mich zu und fragte (in einem unverschämten Ton), was mir den einfällt, ihn einfach so abblitzen zu lassen und fragte sogar, ob ich betrunken sei. „Nein, ich trinke keinen Alkohol.“ – „Lässt du abends in der Bar, die anderen Männer etwa auch so abblitzen, wenn sie dich ansprechen? Du bist total respektlos!“
Ich musste fast grinsen, weil er mir so etwas unterstellte, doch weil er mich als respektlos bezeichnete, wurde ich auch wütend. „Sie werden mich selten in einer Bar anfinden und zweitens, nein, ich bin nicht betrunk… “ – „Was fällt dir ein, mir zu widersprechen?“ – „..trunken.. lassen Sie mich aussprechen!“ – „Du bist so..“ – „Nein! Lassen Sie mich aussprechen. Eine andere Person nicht aussprechen zu lassen, das ist nämlich respektl…“ – „Trink nicht so viel Alkohol!“ – „Lassen Sie mich aussprech..!“
Nun kochte ich innerlich! Da ich aber merkte, dass es sehr wenig Sinn machte, hier Moralapostel zu spielen oder zu diskutieren (oder falls es zu Handgreiflichkeiten kommen sollte), entschied ich mich dann doch dafür einfach weiter zu gehen. Die Diskussion war vermutlich sinnlos, aber ich fühlte mich trotzdem ganz gut, einfach in dieser Situation mal „Nein“ zu sagen und für sich selbst zu stehen. 🙂