
29 Sep Achtsamkeit & gezielte Selbstreflexion für mehr mentale Stärke
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich damals regelmäßig mit dem Auto ins Büro gedüst bin. Ein Tag bleibt mir ganz besonders in Erinnerung, denn ich war total durch den Wind und unruhig. Ich wollte auch gar nicht direkt ins Büro, sondern vorher noch Schwimmen gehen, da das Schwimmbad am Weg liegt. Total in den Gedanken versunken fuhr ich die gwohnte Strecke, stresste mich wegen irgendwas (und ich weiß nicht einmal mehr warum) und nach einer Weile griff ich wie automatisiert zum Toröffner und war am Parkplatz des Büros. Äh, wollte ich nicht ins Schwimmbad?
Sehr viele unsere Handlungen passieren via autopilot. Wir sind oft unachtsam und merken gar nicht, dass wir schon wieder zwei, statt einen Teller Nudeln gegessen haben oder den gewohnten Weg zur Arbeit gefahren sind, obwohl wir ja ausnahmsweise wo anders hin wollten. Und genau das muss gar nicht etwas schlechtes sein. Gewohnheiten sind dazu da, um unser Leben einfacher zu machen. Gewohnheiten sind dazu da, um deinem Hirn Energie zu sparen, denn du musst keine bewusste Entscheidung treffen (was Energie kostet), sondern tust es einfach automatisch (Mehr dazu in meinem Buch).
Doch es kann zu einem Problem werden, wenn du vergisst, dass du gerade im Autopilotenmodus deinen Partner passiv-aggressiv wegen genau dem gleichen Problemchen, zum Beispiel dem Abwasch, anfährst. Das Problem ist selten das Problem. Nicht der Abwasch ist das Problem, sondern das (unbewusste) Gefühl, dass du es lieber ordentlich hast und dadurch das Gefühl hast, dein Leben ist unter Kontrolle. Doch, wie weit geht deine Selbstreflexion, um dir das bewusst zu machen, um es dann empathisch und ehrlich deinem PartnerIn schildern zu können?
Eine Person mit achtsamen Bewusstsein und emotionaler Intelligenz, kann sagen, „Hm, jedesmal, wenn ich durch Instagram scrolle, möchte ich mehr Schokolade essen. Das kann kein Zufall mehr sein.“ – Eine Person ohne dieser gezielten Selbstreflexion greift einfach zur Schoki, um sich besser zu fühlen, weiß aber nicht warum.

3 Level der Achtsamkeit
Level? Warum nicht, nennen wir es mal so. Zudem nenne es einfach mal „Achtsamkeit“, obwohl der Begriff etwas schwammig ist. Es geht heute nämlich um Selbsterkenntnis, Selbstbewusstsein und Eigenwahrnehmung. Achtsamkeit ist mittlerweile ein sehr weit verbreiteter, populärwissenschaftlicher Begriff, deswegen bleiben wir einfach mal dabei.
Fangen wir am besten mit dem Begründer der Achtsamkeit, dem Arzt und Psychologen Jon Kabat-Zinn, an. Er war einer der ersten, der “mindfulness” (sprich, Meditation & Achtsamkeit) auch klinisch angewendet hat und beschreibt es folgendermaßen: “Im Grunde ist Achtsamkeit ein ziemlich einfaches Konzept. Es geht darum seine Aufmerksamkeit auf das Hier & Jetzt zu richten, die eigenen Gedanken wahrzunehmen, ohne darüber zu urteilen.”
Klingt ja schon einmal ganz gut, aber ganz so “einfach” ist es allerdings auch nicht, oder? Die Gedanken auf das “Hier und Jetzt” zu richten, während sich die To-Do Liste füllt, der Chef anruft, die Kinder was zu essen wollen und sich der Wäscheberg stapelt, ist definitiv leichter gesagt, als getan. 10 Minuten still sitzen und dabei nichts tun? Ach.. lustig.
Level 1 – „Was mache ich da überhaupt?“
Wir vermeiden gerne Schmerz durch Ablenkung. Wenn du meine Beiträge im letzten Jahr gelesen hast, weißt du, wie oft ich das Thema Verletzlichkeit angesprochen habe. Prof. Brené Brown sagt es immer wieder: „Wir betäuben unsere Gefühle, um nicht verletzlich sein zu müssen. Wir bauen eine Schutzmauer auf.“
Deshalb mache ich selbst gern immer wieder „Experimente“. Als ich im Frühjahr ein Monat mal auf Zucker verzichtet habe, habe ich gemerkt, wann ich eigentlich zur Schoki greife – meistens in Situation, wo ich total gestresst war. Und als ich im Juni 30 Tage ohne Instagram war, merkte ich auch, wie gern ich mich mit hirnlosem Scrollen durch Instagram ablenke, wenn ich was unangenehmes machen muss (und die schwierigen Aufgaben dementsprechend oft aufgeschoben habe).
Wir sind besessen von unserer Vergangenheit, von Ex-Freunden, verlorenen Möglichkeiten.. wir sorgen uns um die Zukunft, starren unachtsam ins Handy, trinken, um weniger zu spüren oder überarbeiten uns. Wir nutzen Bücher, Spiele, stundenlanges Serie schauen oder Social Media, um von der Realität wegzukommen und um dort zu landen, wo keine Schmerzen existieren.
Natürlich ist es kein Problem sich mal abzulenken, zum Abschalten zu lesen oder mal Zeit auf Social Media zu verbringen.
Der Schlüssel ist, dass wir uns dessen nur bewusst sein sollten. Wichtig ist somit, dass wir unsere Ablenkungen kennen. Das bedeutet: Die Ablenkung wählt nicht uns (z.B. ständige Handybenachrichtigungen), sondern wir entscheiden uns bewusst dafür, wenn wir uns mal ein bisschen ablenken wollen.
Ob man das jemals perfekt meistern kann, vor allem in unserem digitalisierten Zeitalter, weiß ich leider selbst nicht. Manchmal nehme ich mein Handy, um mal die Uhrzeit zu checken und auf einmal realisiere ich, dass ich schon wieder durch Instagram scrolle. Dann sehe ich eine Werbung, die mich anspricht und auf einmal lande ich auf einer Shoppingseite. Oh mann, oh mann..
Wir glauben oft zu wissen, wie wir unsere Zeit nutzen, aber meistens liegen wir falsch. Die meisten sitzen zwar 8 Stunden im Büro, aber sinnvoll genutzt wird die Zeit nur 3-4 Stunden (Und diese Studie zeigt, dass der Durchschnitt nur 2 Stunden und 23 Minuten arbeitet und 47% der Zeit Social Media abcheckt. Holy sh*t!)
Bei der Achtsamkeit geht es um „das achtsame Wahrnehmen, ohne zu bewerten.“ Das „ohne zu bewerten“ ist am Anfang ziemlich schwierig, da wir uns (und andere) ständig bewerten und verurteilen. Stell dir die Level der Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung einfach wie eine Zwiebel vor. Du startest einfach mal damit, dass du die erste Schicht schälst und denkst dir nicht so viel dabei. Genau hier sind wir. Wir möchten erstmal wahrnehmen. Denn es geht nicht darum keine Ablenkungen mehr zu haben (das wäre wieder das andere Extrem), sondern Ziel ist es eher, dass wir uns unserer Impulse mal bewusst werden. Wann machst du etwas, was du eigentlich eh nicht machen willst? Bei welche Aktivität greifst du vermehrt zum Handy? Bei welchen Aufgaben schiebst du die To-Do’s gerne vor dich hin – was machst du stattdessen?
Level 2 – „Warum machst du das eigentlich?“ (= Was fühlst du?)
In einem der letzten Artikel zum Thema Emotionen, habe ich dich gefragt, was deine Herausforderung im Umgang mit negativen Emotionen ist. Eine der Antworten lautete, „Ich habe Angst vor dem Kontrollverlust“.
Darin erkenne auch ich mir wieder. Die Ablenkung ist da, um das Innere zu betäuben. Volle Kontrolle. Impulse und Emotionen sind unterdrückt. Beherrscht. Verbissen. Ist das gesund? Aus eigener Erfahrung kann ich sagen; eher nicht, aber wer fragt da schon so genau nach.
Deshalb hören wir auch oft die Klassiker-Ausrede, wenn es um das Thema meditieren geht: „Ich kann einfach nicht stillsitzen.“ – I know. Denn das würde bedeutet, dass man die innere Kacke mal fühlen muss, da es keine Ablenkung gibt.
Mir ging es da nicht anders. Jahrelang habe ich mich mit Essen abgelenkt oder mich überarbeitet. Abgesehen vom Mentalen Training hat mir auch Yoga geholfen meinen Gefühlen mehr Raum zu geben und die Yogamatte ist mein „sicherer Platz“, um einfach mal loszuheulen, wenn mir danach ist. Das ist schon ein wenig furchteinflößend, aber auch seeeehr stressbefreiend. Therapie kann hier auch helfen, denn hier kommt eine außenstehende Person zu Hilfe, die gezielte Fragen stellt, zuhört und somit Raum für Gefühle, Kontrollverlust und ungelöste Konflikte gibt.
In diesem Level findest du mehr heraus „wer du bist“, auch wenn ich mittlerweile sehr vorsichtig mit dieser Phrase bin. Wir wandeln uns nämlich ständig und Weiterentwicklung ist ein essentieller Schritt für Zufriedenheit, aber belassen wir es einfach mal dabei. Denn was damit eigentlich gemeint ist, ist:
„Ich habe zu mir gefunden = Ich merke endlich, wie es mir wirklich mit diesem Job/PartnerIn/Familie geht.“ und darauf folgen dann Entscheidungen, wie Jobwechsel, Trennungen und Grenzen werden gesetzt.
Oft wurden diese Emotionen nämlich jahrelang unterdrückt.
Die meisten rutschen auf Level 1 aus. Tun brav, was Mami und Papi sagen. Tun brav, was die Gesellschaft sagt und folgen diesem „Das Leben ist eine Checkliste“-Schema, um ja nicht aufzufallen, was „falsches“ zu machen oder verletzlich zu sein, was schließlich passieren würde, wenn sie was anderes tun.
Level 2 ist sehr unkomfortabel. Ich kenn’s. Es war ein langer Prozess, bis ich endlich realisiert habe, dass ich es nicht jedem recht machen muss, dass es okay ist sensibel zu sein und dass ich auch als Frau einfach mein Ding machen kann.
Wichtig zu realisieren ist auch, dass du hier nicht alleine navigieren musst. Auch ich habe schon mit diversen Trainer gearbeitet und die meisten meiner Freunde sind die gleichen Nerds wie ich, die sich viel mit Persönlichkeitsentwicklung und dem Psychozeugs beschäftigen. Alleine wäre ich aufgeschmissen gewesen. Auf diesem Level fühlt man alles mögliche – von Wut „Warum habe ich das nicht schon früher gewusst“ bis zur kraftvollen Befreiung „Wow, ich muss diesen alten Denkweisen gar nicht folgen. Das bin ich. Das mag ich. Das will ich. Und das ist okay so.“
Hier kann man auch in einer endlos Schleife gefangen werden, anfangen zu viel zu hinterfragen, um sich anschließend in Schubladen, wie z.B. „Ich bin so introvertiert, ich kann nicht sozial sein“ zu stecken. (Yep, auch das habe ich schon gemacht). Auch das kann wieder zu einer neuen Ausrede werden, um sich daheim zu verstecken. Unsere Emotionen sind zwar wichtig, aber manchmal auch blöd (siehe Artikel zum Hundehirn, um sich gut zu fühlen).
Um nicht für allzuviel Verwirrung nun zu sorgen, folgt ein kurzer Zwischentopp zum Thema Emotionale Intelligenz.
Zwischenstopp: Emotionale Intelligenz
Ja. Emotionen sind wichtig. Der Umgang mit ihnen, (um sie somit nicht zu unterdrücken), auch. Aber Emotionen können wieder eine Ablenkung von anderen Emotionen sein. Hä? Gut. Punkt: Durch die Achtsamkeit geht es darum die emotionale Intelligenz zu schulen, um zu filtern, welche Emotionen relevant sind.
Emotionale Intelligenz bezieht sich darauf, wie ich mit meinen eigenen Emotionen und denen meiner Mitmenschen umgehe. Beim Training der emotionalen Intelligenz geht es darum, Menschen beizubringen, dass Emotionen keine unerklärlichen Phänomene darstellen, denen wir hilflos ausgeliefert sind.
All dem liegt die wissenschaftlich unterstützte Annahme zugrunde, dass jeder Mensch Verantwortung für den Umgang mit seinen Emotionen trägt.
Emotionale Intelligenz lässt sich in fünf Kompetenzen unterteilen:
+ Identifikation – Was fühle ich?
+ Verständnis – Es ist okay so zu fühlen.
+ Ausdruck – Spüren und zum Ausdruck bringen.
+ Regulation – Annehmen und Emotion gehen lassen.
+ und Nutzen von Emotionen – Darüber sprechen, Konflikte lösen etc.
Diese fünf Kompetenzen stehen miteinander in Verbindung, sind aber dennoch auf unterschiedliche Art und Weise relevant; sowohl für den Umgang mit sich selbst, den Kollegen, Familienmitglieder und PartnerIn.
Wir alle haben zu einem gewissen Grad die Möglichkeit, zu entscheiden, wie wir eine Situation interpretieren, wie wir mit Emotionen umgehen, die vielleicht unbewusst aufgekommen sind, inwiefern wir uns von anderen Menschen beeinflussen lassen oder wie wir unsere Emotionen ausdrücken, regulieren und nutzen.
Laut Brasseur et al. (2013) bezieht sich der Aspekt des Ausdrucks von Emotionen auf die Fähigkeit, Emotionen in einer sozial akzeptieren Art ausdrücken zu können. Mit anderen Worten heißt das, Emotionen verbal und nonverbal vermitteln zu können. Gleichzeitig beinhaltet dieser Aspekt auch, dass man in der Lage ist, Empathie zu zeigen, wenn ein anderer versucht, Emotionen in Worte zu fassen bzw. Mithilfe von Körpersprache und Mimik auszudrücken.
Das war nur ein kurzer Auszug aus einer Facharbeit, die ich letztens für den österreichischen Betriebssportverband geschrieben habe. Es folgt demnächst ein eigener Artikel zu dieser Thematik! 🙂

Zwischenstopp 2: Gezielte Selbstreflexion
Der erste Schritt, diese Kompetenz der emotionalen Intelligenz zu kontrollieren und gezielt einzusetzen, ist es, Verantwortung für die eigenen Gedanken, die eigenen Emotionen und das eigene Verhalten zu übernehmen. Ein Großteil von uns wird sich eingestehen dürfen, dass wir öfter mal in der Kindheit den Satz, „Der hat angefangen!“ von uns gegeben haben. Als pubertierende Teenager erscheint uns die Welt auch oft unfair und wir flüchten gerne in eine Opferrolle. Und genau hier bleiben viele hängen. In der Opferrolle. Viele sind zwar im erwachsenen Körper, aber mit kindlichem Geist unterwegs.
In der Opferrolle, sind ständig alle anderen Schuld, das eigene Leben erscheint oft unfassbar unfair und „alle anderen haben es immer mehr Glück“.
Davon wegzukommen und zu; „Ich bin verantwortlich“, zu wechseln, erfordert viel emotionale Reife und Selbstreflexion, kann aber erlernt werden. Mehr dazu weiter unten.
Level 3 – Blinde Flecken und Selbstakzeptanz
Zurück zu unseren Zwiebelschichten. Nach viel Zeit zwischen Level 1 und 2, vielen neuen Selbsterkenntnissen, vielen Heulausbrüchen, Mut- und Wutausbrüchen wird es Zeit zum Durchatmen.
Das Ziel vieler ist es „anzukommen“.
Aber wo eigentlich? Es ist wie in der Schule, du freust dich, dass du die Matheaufgabe gelöst hast, schreist die Zahl 237,98 in den Raum und der Lehrer sagt, „Das ist richtig, aber 237,98 was? Äpfel? Birnen? Newton? Kilogramm?“
Ja, gute Frage.
Im dritten Level, geht es nach viel Wirrwarr „einfach“ darum zu erkennen, dass es okay ist so zu sein. Dass es okay ist, dass es so ist. Emotionen kommen und gehen. Manchmal sind sie wichtig, manchmal weniger wichtig. Es geht darum zu erkennen, dass du nicht immer einen Plan haben musst, um zu wissen was du willst oder wie etwas geht. Die meisten haben keinen Plan davon, was sie wollen. Es geht darum zu erkennen, dass du Fehler machst, dass du auch Schwächen hast und dazu auch stehen kannst. Es geht darum zu erkennen, dass Verletzlichkeit der Schlüssel zu mehr Mut und erfüllenden Beziehungen ist. Es geht darum zu erkennen, dass es mal gut läuft und dann mal weniger gut.
Und es geht darum zu erkennen, dass wir ständig blinde Flecken haben. Auf einmal kommt eine neue Person in dein Leben, die dir plötzlich sagt, dass du in einem Lebensbereich total unsicher wirkst, aber das gar nicht sein solltest. Unser Hirn ist so komplex. Unsere Psyche ist enorm komplex und wir werden nie alle Antworten haben oder alles perfekt meistern. Es gut um Selbstakzeptanz. Ich akzeptiere mich für die Person, die ich bin, während ich mein bestes gebe.
4 wichtige Punkte noch:
- Es lebt sich leichter, wenn ich mich selbst nicht so ernst nehme. Manchmal bin ich unsicher. Manchmal vergesse ich was. Manchmal bin ich sensibler. Humor ist ein guter Weg, um gut mit seinen eigenen Schusseligenkeiten umzugehen, anstatt alles hinter einer perfekten Fassade zu verstecken.
- Lerne deine Coping-Strategien kennen oder/und lerne neue
Früher habe ich, wenn ich sehr gestresst war, mir oft noch mehr Arbeit aufgetischt. „Klar, das schaffe ich auch noch“, aber zur Ruhe kam ich nicht wirklich. Um mit Stress umzugehen, legte ich mir noch mehr Stress auf. Ich reagiere also gern mit „fight“. Mittlerweile habe ich gelernt „Nein“ zu sagen und ich versuche auch nicht mehr mir Lob und Anererkennung durch Leistung zu holen. - Welche Probleme kreierst du dir?
Der beste Spruch, den ich jemals gelesen habe, ist: „Du bist die Ursache UND die Lösung für all deine Probleme.“ – Probleme können gelöst werden. Denn die meisten erschaffe ich mir selbst. Eigenverantwortung ist das Zauberwort. - Realistisch bleiben
Und zwar in beide Richtungen: Oft machen wir unsere Stärken schlecht „Ach, das kann ich doch gar nicht“, aber überspielen unsere Schwächen. (Mein Gott, wir Menschen sind so interessant). Ich kann gut Ideen kreieren und andere überzeugen, brauche aber Unterstützung in der Planung und Organisation.
Schulung der Achtsamkeit & gezielte Selbstreflexion
All das ist (wie so oft) leichter gesagt, als getan. Deshalb folgen hier noch ein paar Tipps, wie das ganze Blabla in der Praxis und in der Realität aussehen kann. Und, wie immer: Gerade in diesem Bereich ist es hilfreich, wenn man sich (professionelle) Hilfe holt. Auch ich wäre nicht da, wo ich heute bin, wenn ich nicht hin und wieder mit außenstehenden über mein inneres Kuddelmuddel geredet hätte.
- Schreiben
Es gibt kaum etwas, was deine Achtsamkeit besser schulen kann, als einfach mal die Gedanken niederzuschreiben. Gezielte Selbstreflexion durch Schreiben machen wir viel in meinem Onlinekurs.
Schreiben hilft auch auf eine andere Art und Weise, zum Beispiel kannst du ein „Gewohnheitstagebuch“ führen („Wann esse ich emotional“) oder ein Ernährungstagebuch führen, um dir deiner Essgewohnheiten bewusst zu werden. Schreiben hilft Taten und Gedanken objektiv auf’s Papier zu bringen. Wenn es schwarz auf weiß vor einem liegt, erscheinen Probleme oft kleiner, gleichzeitig wird viel unterdrücktes plötzlich real, was wiederum Angst bereiten kann.
Der Blog war in einigen Lebenlagen bestimmt eine Art Therapie und Rettung für mich. Auch, wenn ich private Probleme nicht veröffentlicht habe, sondern konkrete Gedanken in Metaphern umgeschrieben habe, so hat einfach das „loswerden“ schon sehr gut getan. Der Autor Flannery O’Conner hat gesagt, „Ich schreibe, weil ich nicht weiß, was ich denke, bis ich das geschriebene gelesen habe.“
Bei der gezielten Selbstreflexion geht es dann darum sich konkrete Fragen zu stellen (auch dass machen wir im Onlinekurs und einen Einstieg dazu gibt’s auch in meinem Buch). Und was bedeutet es „sich selbst konkrete Fragen zu stellen bzw. gezielt zu reflektieren?“
Fragen, wie: Warum habe ich diesen Job gewählt? Was ist meine Leidenschaft? Was ist mir eigentlich wichtig in einer Beziehung? Was sind meine Bedürfnisse? Kommuniziere ich meine Bedürfnisse oder traue ich mich nicht? Wie könnte ich meine Bedürfnisse besser kommunizieren? Was würde mir helfen mit meiner Traurigkeit umzugehen? Yes, pretty deep shit.

- Meditation und/oder Yoga
Mir hat Sport enorm geholfen, um ein gutes Körpergefühl zu entwickeln. Gleichzeitig ging es in den Sportarten oft um Leistung und auch ich war ein klassischer Fall von „Meditation? Blödsinn, ich bin kein Mönch und stillsitzen kann ich schon gar nicht.“
Whups. Jetzt liebe ich die Anfangsmeditation bei der Yogasession.
Yoga erscheint im ersten Moment langweilig, ich weiß. Doch es gibt kaum eine weitere Sportart, wo auch eine Philosophie dazu gelehrt wird. Beim Yoga und der dazugehörigen Meditation werden wir „gezwungen“ einfach mal still zu sitzen und einfach mal wahrzunehmen. Wahrnehmen, was da ist. Ein Satz, der, wenn ich wenig Sport mache und Emotionen unterdrücke, ist, „Ich spür mich nicht.“
Eine flache Atmung, gehetzte Handlungen, Probleme mit der Aufmerksamkeit und Konzentration, Verspannungen können alles Anzeichen für Stress oder/und unterdrückter Emotionen sein. Im Alltag vergessen wir oft „uns zu spüren“ oder mal bewusst zu reflektieren. Hier setzen Yoga und Mediation an. Sitzen. Körper wahrnehmen. Atem wahrnehmen. Gedanken wahrnehmen.
Viele Menschen glauben, dass Meditation und Achtsamkeit etwas sehr anstrengendes ist, doch genau das Gegenteil ist der Fall: Laut Ellen Langer, Professorin an der Harvard Universität, ist das genau das unachtsame Denken anstrengend. Das Grübeln, das ständige (negative) Bewerten sind kräftezerrender, als das achtsame wahrnehmen. „Unachtsames Denken, grübeln und bewerten können für mehr Stress sorgen und mit einer achtsamen Wahrnehmung kann dem entgegen gewirkt werden.“, schreibt die Autorin im Harvard Business Review.

- Feedback von anderen annehmen
Wir haben oft Angst vor Kritik, weil wir konstruktives Feedback oft persönlich nehmen. Es ist aber ein deutlicher Unterschied, ob jemand dir konstruktives Feedback gibt und dabei ehrlich und klar ist (und es somit gut meint) oder ob dich jemand persönlich angreift. Persönliche Angriffe („Du bist dumm.“ „Du kannst nichts.“) sind NIE okay!!
Konstruktive Kritik („Du könntest deine Emails etwas höflicher ausdrücken“) sind erwünscht und hilfreich. Erkennst du den Unterschied? Beim Feedback wird dein Verhalten analysiert und dein Verhalten kannst du ändern. Jeder macht Fehler. Ich auch. Du auch. Deshalb ist es eine Fertigkeit für’s Leben mit Kritik umgehen zu können. (Doch auch hier haben wir wieder oft den klasschischen Fall von kindlicher Geist im erwachsenen Körper und diese Person hängt noch in der Teenager Opferrolle fest).
Wir haben alle blinde Flecken und die erkennen wir oft nur, wenn wer so ehrlich und hilfreich ist uns diese mitzuteilen.
Zusammenfassung
Platon hat schon gesagt, „All evil is rooted in ignorance.“
Wenn du an Personen denkst, die arrogant, gemein und ignorant sind, dann sind sie nicht so, weil sie Schwächen haben, sondern weil sie nicht zugeben können, dass sie Schwächen haben. Achtsamkeit und Selbsterkenntnis sind sinnlos, wenn sie nicht mit Selbstakzeptanz und Selbstmitgefühl enden. Ein zu viel an Achtsamkeit und Wahrnehmung kann nämlich auch schädlich sein, wenn die Selbsterkenntnisse sich durch Selbstkritik äußern. (Studie dazu hier).
Achtsamkeit öffnet die Türen zu mehr Selbstliebe.
Hier kommt das alte Kliché ins Spiel: Du kannst andere nur so lieben und wertschätzen, wie du dich selbst liebst und wertschätzt (und somit nicht verurteilst). Durch eine gezielte Selbstreflexion und Schulung der Achtsamkeit kannst du Türen öffnen und deinem inneren Ich mit Empathie, Mitgefühl und Selbstliebe begegnen. Du darfst erkennen, dass es okay ist Fehler zu machen, mal nicht zu „funktionieren“ und dass du weiterhin Fehler machen wirst. Wenn wir uns selbst nicht akzeptieren, dann werden wir ständig das (unbewusste) Bedürfnis haben uns selbst weiterhin mit Social Media, übermäßiger Arbeit oder Spielen abzulenken und die Emotionen zu betäuben. Hier ist also die Achtsamkeit, das pendeln zwischen Level 1, 2 und 3 gefragt. Und wenn du dich selbst „gefunden hast“, wirst du merken, dass du gar nicht mehr suchen musst, sondern durch die gewonnene Selbstliebe mehr Lebensfreude, Empathie und Disziplin für alles weitere entsteht.
Ich hoffe der Beitrag hat dir gefallen und fühle dich frei mir bei Fragen oder Anregungen via Instagram @klarafuchs zu schreiben. 🙂